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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Motivationspsychologie – eine weitere Runde 2

Ein Grund für die Entwicklung für die Self-determination theory soll unter anderem die Entdeckung des Korrumpierungseffekt gewesen sein. Kurz gesagt, Motivationsmaßnahmen schädigen die intrinsische Motivation. So ebenfalls die ersten Forschungsergebnisse. Weiter Forschungsergebnisse sollen gezeigt haben, dass Motivationsmaßnahmen, die dem zu Motivierenden in seinen Zielen helfen, nicht schaden würden, sondern vielleicht sogar die intrinsische Motivation steigern können.

Auf den ersten Blick könnte man sagen: “Mein Gott, haben wir Instrumentallehrer es leicht. Musik macht Freude, wir helfen, dass es besser geht. Also alles Paletti.” Bloß worüber klagen Instrumentallehrer vermutlich am meisten? Schüler, die zu wenig üben.

Die Frage ist, sind die Ziele der Schüler identisch mit den Zielen der Instrumentallehrer?

Ich frage immer wieder meine Schüler, ob diese Vorgehensweise zu einer Verbesserung führen würde. Ich bekomme meistens eine “Ja” zu hören. Frage ich aber, ob das Ergebnis besser gefällt, sind die Antworten nicht mehr so klar. Es wird immer wieder gerne bemängelt, dass sich die Methoden zur Verbesserung sich zwischen Musik und Schüler stellen. Die Musik wird nicht mehr so intensiv erlebt.

Ein Beispiel aus dem Alltag. Ich habe eine Schülerin, die einfach gerne die Texte unter den Liedern mitsingt. Bloß leider kommt dabei immer ein falscher Rhythmus dabei heraus. Also lasse ich sie zählen. Obwohl sie selbst sagt, dass sie eigentlich nur mit Zählen einen richtigen Rhythmus hinbekommt, verhandelt sie fast jede Stunde, ob es doch nicht mit Singen ginge.

Also die Anstrengung, die zu einem besseren Ergebnis im Sinne der Musik führen würde, führt den Schüler von dem weg, was ihn am Musizieren reizt.

Ein weiterer Faktor zur Vermeidung des Korrumpierungseffekt wäre, dass der Schüler eine Zunahme von Kompetenz erlebt. Aber passiert dies wirklich? Der Perfektionsgedanken, der die Musik durchdringt, ist so gesehen vermutlich ein Problem.

Dies stelle ich häufiger bei Schülern fest, denen sonst die Dinge eher zufliegen. Auf den ersten Blick fliegen ihnen auch die Dinge auf der Gitarre zu. Aber die berühmten “letzten 10 Prozent” sind ein Problem für einige dieser Schüler. Sie kommen nicht damit klar, dass wirklich gut sein, ihnen nicht so leicht fällt, wie auf anderen Gebieten des Lebens.

Entscheidend ist aber auch, wie der Schüler die Intervention wahrnimmt. Es gibt Untersuchungen, dass die Gestaltung der Intervention Einfluss auf die intrinsische Motivation hat.

Aber ich habe nichts dazu gefunden, wie sehr die wahre Einstellung des Lehrers hineinspielt. Wir sagen zwar, die oder jene Maßnahme würde dem Schüler helfen, aber wollen wir ihm eigentlich wirklich helfen oder wollen wir unserer Rolle oder anderen Ansprüchen gerecht werden?

Persönlich bin ich zwar der Meinungen, dass meine Maßnahmen eine Hilfe für den Schüler sind und ich versuche auch zu verdeutlichen, dass die Maßnahme hilft. Aber ich habe meine Zweifel, ob ich dem Schüler wirklich helfen will. Geht es mir nicht eher, um das Erleben von Selbstwirksamkeit, wenn ich mir mal wieder etwas Neues ausgedacht habe. Es zwar schon schön, zu erleben, wenn der Schüler das Ergebnis genießt. Aber freue ich mich für den Schüler oder freue ich mich über mich, weil ich das erzeugt habe?

Aber auch aus Gesprächen mit Kollegen würde ich sagen, das Weiterbringen des Schülers ist zwar Ziel des Unterrichtes, aber doch eher Mittel zum Zweck. Schüler, die man nicht weiterbringt, kündigen. Eine Stunde, wo sich etwas verbessert, ist eine angenehmere Stunde, als bei der alles beim Alten bleibt.

Indem man dem Schüler hilft, ist das eigene Leben angenehmer. Also man hilft sich selber.

Sollte diese gleichzeitige Interessenskongruenz und -divergenz ein Problem sein? Wenn mir Schüler aus dem Schulunterricht berichten, dann höre ich des Öfteren, dass man die Begründung, es sei dem Schüler dienlich, eher als manipulativ und verlogen wahrnimmt. Zu meinen Maßnahmen habe ich auch schon gehört: “Es hilft. Aber wenn ich es zugebe, dann habe ich es an der Backe.”

Letztendlich könnte man sagen, auf den ersten Blick scheinen Lehrer und Schüler an einem Strang zu ziehen. Bei genauerem Hinsehen kann man sich die Frage stellen, ob es sich vielleicht doch eher um ein Tauziehen handelt.

Wenn es dieses Dilemma gibt, gibt es einen Ausweg daraus? Vielleicht präsentiere ich eine faule Ausrede. Der Ausweg ist, keinen Ausweg zu wollen.

Nehmen wir noch einmal die Aussage: “Es hilft. Aber wenn ich es zugebe, dann habe ich es an der Backe.” Muss man den Schüler dann wirklich überzeugen, oder ist dies ein Ausdruck seiner innerlichen Befindlichkeiten, denen (dieser Teil des) Musizieren(s) nicht so wichtig ist, den man akzeptieren sollte?

Oder noch radikaler, dass einem diese Befindlichkeiten egal sind. Wenn jemanden Currywurst lieber ist als feine Pralinen, dann ist er im falschen Geschäft. Wenn der Schüler aufhört, ist das kein Scheitern, sondern in gewisser Weise ein Erfolg, weil sich die Dinge dorthin entwickelt haben, wie sie zum Schüler passen und nicht wie zur Musik.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 29. Dezember 2023 um 07:31 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarrenunterricht, Lernen abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .