Macht Mozart schlau? – Resümee
Nachdem ich die Studie “Macht Mozart schlau?” des Bundesministeriums für Forschung und Wissenschaft durchgelesen habe, möchte ich doch hier ein Resümee ziehen.
Zur Erinnerung, das Bundesministerium hat versucht den momentanen Forschungsstand zur Frage “Macht Musik intelligent” zusammen zu fassen und kritisch zu würdigen.
Es lässt sich eigentlich nicht so richtig feststellen, ob Musik einen positiven Effekt auf die Intelligenz hat. Es handelt sich hauptsächlich um methodische Probleme bzw. in vielen Studien eher um methodische Fehler.
Es ist zwar schon so, dass Intelligenz und Musik statistisch gesehen korrelieren, aber es ist nicht klar, wer ist die Henne, wer ist das Ei? Suchen sich intelligente Menschen die Musik, oder ist eine der Wirkungen der Musik Intelligenz?
Weiter lässt sich auch nicht klären, wenn Musik Intelligenz fördern sollte, ob dies ein musikspezifischer Effekt ist, oder ob jeder andere Gegenstand auch mit dem man Kinder fordern und fördern kann, diesen Effekt hat.
Die Effekte sind eigentlich zu gering und der Aufwand dafür zu groß, um Musik eigentlich überhaupt als Instrument zur kognitiven Förderung ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
Mir war eigentlich schon immer klar, dass die Argumentation um die positiven Effekte der Musik eigentlich stark davon geprägt ist, dass Musikschulen Subventionsempfänger sind.
Aber dieser Forschungsbericht lässt mich fragen, wie kann im allgemeinen Bewusstsein solch eine Fiktion zur Wahrheit werden?
Wenn diese Verwechslung zwischen Fiktion und Wirklichkeit bei uns Musikern herrschen würde, wäre dies ja noch verständlich. Aber dass diese Verwechselung auch in die Medien und Entscheidungsträger ihren Weg gefunden hat, lässt fragen, wo ist eigentlich der kritische Verstand geblieben.
Die momentan wohl meist zitierte Studie von Bastian stellte ja bekanntlicher Weise fest, dass Musik für einen IQ-Anstieg von sechs Punkten sorgt. Dies hört sich beeindruckend an, aber unter wissenschaftlich kritischen Augen betrachtet:
Insgesamt ist die Bilanz dieses Schulversuches ernüchternd.
Eindeutige langfristige Transfereffekte für sprachliche, logisch-mathematische und räumliche Intelligenz finden sich nicht. Möglicherweise zeigen sich Transfereffekte hinsichtlich der sozialen Intelligenzen. Eine Zunahme des IQ um sechs Punkte entspricht der statistischen Schwankungsbreite (siehe Macintosh, 1998). Das Design der Studie war fehlerhaft, denn eine echte Kontrollgruppe, die z.B. in einem anderen Fach, etwa Werken oder Malen eine entsprechende Mehrzuwendung erfuhr, fehlt. Aus diesem Grund kann keine kausale Beziehung zwischen intensiviertem Musikunterricht und den beobachteten Effekten hergestellt werden.
(E. Altenmüller, Macht Mozart Schlau? – Bildungsforschung Band 18, Herausgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Seite 69)
Was aber den deutschen Musikrat und den Dachverband Musikwirtschaft nicht hinderte, die Aktion „Intelligent mit Musik” ins Leben zu rufen und die Veröffentlichung des Buches „Kinder optimal fördern – mit Musik” finanziell zu unterstützen.
Wie wirksam diese Maßnahmen waren, kann man z.B. in dem Interview mit Wolfgang Schäuble, in dem er von den erwiesenen positiven Transfereffekten der Musik spricht, sehen, auf das ich kürzlich hingewiesen habe
Die Studie zieht folgendes Resümee:
Zwar gelingt es den wenigsten Studien, für den Musikunterricht spezifische kognitive Effekte aufzuweisen. Denn in den meisten Fällen lässt sich nicht ausschließen, dass durch zusätzlichen Unterricht in anderen Inhaltsgebieten dieselben kognitiven Effekte hervorgerufen werden können. Dennoch wird durch diese Untersuchungen am Beispiel von Musikunterricht belegt, dass zusätzlicher Unterricht grundsätzlich positive Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung im Kindesalter hat. Musikunterricht kann daher ein Weg von vielen sein, um die kognitive Entwicklung zu fördern. Man kann die dargestellten Forschungsergebnisse daher auch so interpretieren, dass sie einem mehr Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Art der Förderung lassen – was ja für die Unmusikalischen unter uns gar keine schlechte Nachricht ist! Die Entscheidung, ob man die kognitiven Fähigkeiten von Kindern durch Musikunterricht oder durch zusätzlichen Unterricht in anderen Inhaltsgebieten wie Sprach-, Biologie- oder Physikkursen fördert, sollte sich daher in erster Linie nach deren Neigungen und Interessen richten.
(O. Vitouch, Macht Mozart Schlau? – Bildungsforschung Band 18, Herausgeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung, Seite 154f)
Was noch viel interessanter ist, es wird immer über die erwiesene Wirkung von Musik auf die Persönlichkeitsbildung gesprochen. Interessanterweise gibt es so gut wie keine Forschung zu dieser Frage.
Wäre man böswillig, könnte man sagen, die Tatsache, dass Musiker mit diesen Studien versuchen den Erhalt von Subventionen zu begründen, ist der beste Beweis dafür, dass da etwas mit der Intelligenzförderung und der besonderen sozialen Kompetenz nicht so ganz stimmen kann.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 4. Mai 2007 um 08:22 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Forschung abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .