Der Ärger mit der Popmusik – Teil 4
Was vom Stück bleibt?
Als ich Arrangements von Stücken, die ich schon lange nicht mehr gehört habe, schrieb, fiel mir auf, dass bei ziemlich vielen Stücken mir ganze Passagen entfallen waren.
Um zu verdeutlichen. Ich behaupte mal ganz frech, wer sich an Yellow Submarine erinnert, dem fällt vermutlich als erstes der Refrain ein und dann die Strophe. Bei „Behind Blue Eyes“ von „The Who“ fällt den meisten der erste akustische Teil ein, dann das Intro und erst dann der zweite elektrische und härtere Teil.
Wenn man jetzt für Schüler arrangiert hat man das Problem, dass so manche wörtliche Übernahme eines Gitarrensolos oder markanten Linien eines improvisierten Abschnitts das Arrangement auf einen deutlich höheren Schwierigkeitenlevel hievt.
Es besteht die Gefahr dass man genau das weglässt, was gerade die Schüler reizt.
Was soll die Jammerei?
Man könnte meinen, dass ich dem klassischen Klischee des bornierten Klassikhengst genüge tun will.
Aber dem ist nicht so, ich fand diese Beobachtungen sehr faszinierend und sehe darin sogar eine Art Chance. Ich überlege mir, ob ich nicht versuchen sollte mit fortgeschrittenen Schülern zu arrangieren.
Denn Arrangieren schärft die Sinne und macht musikalische Zusammenhänge bewusst. Denn all die Probleme, die ich oben beschrieben habe, erzwingen sich Gedanken darüber zu machen, wie bekomme ich es hin, dass ich das Stück so gestalte, dass es mir ähnlich gut gefällt wie das Original.
Ähnlich dürfte es sein, wenn man die Schüler einen Poptitel spielen lässt. Sie müssen wesentlich mehr tun, damit das Stück klingt.
Pop im Arrangement bedarf meiner Meinung mehr Interpretationsarbeit.
Andererseits dürfte sich manche Phrasierung und Artikulation bei Pop durch das viele Hören von selbst ergeben. Die Phrasierung und die Artikulation muss nicht erarbeitet werden sondern ist einfach da. Dies lässt vielleicht den Wunsch aufkeimen, diesen selbstverständlichen Ausdruck in konventioneller Unterrichtsliteratur auch zu erleben.
Indem bei einem Poptitel beim Spielen das Original im Kopf mitklingt, ist der Spielvorgang vermutlich bei vielen Schülern belebter als bei normalen Material. Vielleicht entsteht der Wunsch ähnlich belebt konventionelles Material zu spielen.
Letztendlich könnte Pop eine Art innere Haltung beim Musizieren erleben lassen, die den Wunsch entstehen lässt „Klassik“ ähnlich zu spielen.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 10. Oktober 2014 um 08:09 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Allgemein abgelegt. | Es gibt 2 Kommentare