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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Gitarrenlotto

Ich habe mich mit der Schülerin aus dem Artikel Verhaltens-Effekt-Beziehungen, die nichts gegen scheppernde Töne unternimmt, weil sie nicht weiß was, weiter unterhalten. Die Frage war, kennt sie nicht die Zusammenhänge oder erkennt sie nicht, wann was für ein Zusammenhang zutrifft. Also, weil ich nicht am Bund gegriffen habe, hat es gescheppert.

Es stellte sich heraus, sie kennt zwar die Mechanismen, aber sie kann nicht feststellen, gegen was für eine Regel sie „verstoßen“ hat.

Ich erklärte ihr, es wäre wie mit roten Ampeln. Wenn man bei roten Ampeln über die Straße geht, dann heißt das noch lange nicht, dass man überfahren wird, aber es wird wahrscheinlicher. Oder Brandschutzmaßnahmen. Man würde nicht überlegen, was man gerade für eine anschalten soll, sondern man lässt alle Maßnahmen laufen.

Also eigentlich, es ist nicht wichtig zu wissen, warum es nicht funktioniert hat, sondern es ist wichtig, indem man die Regeln stur durchhält, die Rate der scheppernden Töne deutlich zu senken.

Einen Tag zuvor, wollte ich von einem Schüler wissen, wie er feststellt, dass seine linke Handhaltung richtig ist. Er erklärte mir, wenn es nicht mehr scheppert. (Dieser Schüler neigt dazu, das Erstbeste, was ihm einfällt, zu sagen.)

Ich erklärte ihm, dass es viele Möglichkeiten gäbe, dass der Ton nicht mehr scheppert. Zu hoffen, dass sein Finger und Hand ausgerechnet das tun, was ich will, das wäre eine Art Glücksspiel und damit war der Begriff „Gitarrenlotto“ in der Welt.

Denn für beide Situationen lässt sich der Begriff Gitarrenlotto anwenden. Für die Schülerin muss es teilweise wie eine aussichtslose Lotterie erscheinen. Sie kennt die Zusammenhänge theoretisch, aber kann sie nicht in der Praxis erkennen und nutzen. Der Schüler ist ein Optimist. Wenn es funktioniert, dann wird es schon stimmen. Er glaubt an seine Chance. Er spielt verlässlich Lotto, um sich dann zu wundern, dass ich in der nächsten Stunde meckere, warum es nicht so gemacht wird, wie besprochen, um dann weiter Lotto zu spielen.

Beiden ist aber gemeinsam, sie haben theoretisches Zusammenhangswissen, aber ziehen die falschen Schlüsse daraus.

Dies schreibend, stellt sich natürlich die Frage, warum das so ist? Bei der Schülerin könnte ich sagen, der vorherige Kollege ist Schuld. Aber bei dem Schüler, hatte nur ich die Finger im Spiel. (Bei dem Schüler fällt es aber leicht, die Schuld auf ihn zu schieben.)

Ich frage mich gerade, ob mir jemals explizit erklärt worden ist, was aus der Kenntnis eines bestimmten Zusammenhanges explizit folgt? Und ich würde eher nein sagen.

Für meinen Teil bemerke ich gerade, dass ich stillschweigend davon ausgehe, dass meine Schüler ähnlich agieren wie ich. Ich erkenne einen Zusammenhang, deswegen versuche ich ihn maximal auszunutzen und konsequent einzuüben. Denkt man aber an die Versuche, die ich in dem Artikel Verhaltens-Effekt-Beziehungen, dann verhalte ich mich etwas eigenartig.

Warum tue ich das? Es sind bemerkenswerterweise Zusammenhänge, die ich selber entdeckt habe. Es bestanden, um in der Terminologie zu bleiben, für mich ziemlich deutliche und eindeutige Verhaltens-Effekt-Beziehungen.

Schaue ich zurück, fing ich damit in meinem Studium an. Also zu einem Zeitpunkt, wo ich eine stabile Technik hatte und ich Bewegungen verlässlich wiederholen konnte. Damit ergaben sich verlässliche Verhaltens-Effekt-Beziehungen.

Diese Stabilität hat der*ie Anfänger*In nicht. Der*ie Anfänger*In geht vermutlich auch nicht Entdeckungsreisen, wie ein Musikstudent*In. Er*Sie tut mehr oder weniger das, was man ihm sagt. Und er*sie hält die Zusammenhänge für nicht so bedeutsam, wie die Lehrkraft.

Dann dürfte auch die psychologische Situation eines Musikstudiums dazu kommen. Der Druck der Zukunft erzeugt eine ziemliche Motivation. Der Zusammenhang wird definitiv als wesentlich bedeutsamer gewertet, als man es vermutlich tun würde, wenn man nur zum Hobby spielt.

Also von einem intrinsischen Motivationsselbstläufer auszugehen, ist eigentlich naiv. Das Schüler*Innen sich gewisse Dinge, obwohl es einen evidenten Zusammenhang in unseren Augen gibt, nicht so konsequent wie gewünscht aneignen, scheint eigentlich eher natürlich zu sein.

Denn für den*ie Schüler*In stellt sich die Situation vielleicht, je nachdem, wie er*sie mit den Informationen umgeht, wie Lotto da und dann ergibt es wenig Sinn in Augen des Schülers, die Regeln von sich aus konsequent einzuhalten.

Also ist eigentlich die Aufgabe, dem*er Schüler*In zu vermitteln, warum man versucht sich die Dinge hundertprozentig anzueignen.

Eigentlich ist das ein Gag, um Kinder zu amüsieren. Ich frage Kinder ganz gerne, ob ihnen schon aufgefallen sei, dass Erwachsene die Dinge in einer Qualität fordern, die die Erwachsenen selber eigentlich nicht erfüllen. Ich bekomme immer ein Nicken.

Auf meine Frage, warum die Erwachsenen denn dann solche Forderungen aufstellen würden, wird meist mit „keine Ahnung“ quittiert.

Meine Antwort lautet, die Erwachsenen würden wissen, dass es noch schlimmer bei ihnen wäre, wenn sich keiner bei ihnen darum gekümmert hätte und wahrscheinlich auch wissen, wenn man noch mehr hinterher gewesen wäre, dass es weniger schlimm wäre.

So wie Kinder dann grinsen, verstehen sie den Gedanken dahinter.

Vielleicht ist die Strategie, wir versprechen optimales Spiel kontraproduktiv, weil es einem Anfänger aus seiner Wahrnehmung nicht glaubwürdig erscheint. Aber das Konzept, das Risiko von Problemen zu verringern, könnte mehr Glauben erzeugen.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 14. Juli 2023 um 08:01 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Forschung, Gitarre lernen, Übemethodik abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .