3-D-Befragungen der rechten Hand – Teil 2
Nagel bleibt hängen
Letzte Woche habe ich geschrieben:
Sieht man sich diese “Nahaufnahme” an, dann ist zu sehen, wenn sich nur ein Gelenk bewegt, dann ist ein Hängenbleiben des Nagels vorprogrammiert.
Eigentlich ist das falsch. Denn ich habe in meiner Versuchsanordnung, den Finger im rechten Winkel zur Saite ausgerichtet. Zum besseren Verständnis diese zwei Screenshots.
So ist der Nagel, wie in folgendem Bild zu sehen ist, zur Saite ausgerichtet. Es sieht aus, als wolle man mit einer Schaufel ein Kabel anheben.
Ich habe dann den Finger zur Saite gekippt.
Dann ist der Nagel so ausgerichtet.
Ich habe die Gleitphase des Nagels “aufgenommen”.
Ich hoffe, man sieht das, was mir wichtig ist. Der Nagel gleitet an der Saite entlang.
Warum ist mir das wichtig? Es gibt zwei Gründe.
Grund 1
Der erste Grund wäre, ich habe eine Artikelserie geschrieben, in der ich erläutere, wie der Verlauf der Saite zum Nagel das Ansetzen der Feile bestimmt. Aber wie problematisch ein Nagel sein kann, hängt auch davon ab, wie er zur Saite ausgerichtet ist. Hier ergibt sich ein weiterer Faktor, wie man das Gleiten des Nagels beeinflussen kann. Bloß das ist mir jetzt erst so richtig aufgefallen.
Eigentlich wird diese Ausrichtung der Nägel zur Saite durch die mir bekannten Erklärungsmodelle der rechten Hand erzeugt. Aber ich habe nie zur Kenntnis genommen, dass die Nagelposition als einer der Gründe für die Handhaltung erwähnt wird. Ich frage mich, ob diese Wirkung auf die Nägel, ohne dass man sich dessen bewusst war, die Handhaltung beeinflusst hat.
Grund 2
Einer meiner Lehrer hat erklärt, wenn man mit der Kuppe oder Nagel an der Saite entlang fährt, dann würde der Ton schöner. Er hat zwar nie expressis verbis gesagt, dass man das aktiv machen müsse, aber ich habe es so aufgefasst. Aber vom Spielgefühl ist mir schon lange klar, dass die Nägel an der Saite entlang gleiten, ohne dass ich das aktiv beeinflussen muss. Ich muss das zulassen und nicht machen.
Jetzt ist mir klar, dass es eigentlich eine geometrische Notwendigkeit ist. Aber obwohl es eine geometrische Notwendigkeit ist, muss ich trotzdem meinen Schülern beibringen, dass sie dieses Gleiten zulassen. Denn in ihrer Vorstellung geht die Fingerkuppe senkrecht über die Saite und nicht schräg.
Dementsprechend senkrecht wird dann unterbewusst der Nagel über die Saite geführt.
So einfach wird es dann doch nicht
Als ich meinen Einzelfinger konstruiert hatte, stellte ich erfreut fest, dass vom visuellen Eindruck her, die Fingerkuppe sich mehr als die Hälfte der Zeit vor der Saitenebene befindet. Das gab mir die Hoffnung, dass es vielleicht genügend Zeit gibt, dass man die Anschlagshand umpositionieren kann, ohne dass die Finger sich darum kümmern müssen, dass sie mit den Saiten kollidieren. Dann gäbe es eine schöne einfache Anschlagshandwelt.
So habe ich den Finger gedoppelt. In der Animation sieht es auch ganz gut aus.
Aber Dank Blender kann ich die Zeit, in der die Finger im sicheren Bereich vor der Saitenebene messen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Ein Anschlagszyklus dauert 120 Frames. Während nur zehn Frames sind die Fingerkuppen gemeinsam im sicheren Bereich vor der Saitenebene. Also spielt man Viertel in einem Tempo von 60. Dann hat man etwa acht Hundertstelsekunden, um die Hand umzusetzen.
Ich vermute, die Fingerformung muss beim Positionswechsel der Anschlagshand mitwirken. Also dass die Wechselschlagbewegung unverändert weiterlaufen kann, während die Hand wandert ist vermutlich unwahrscheinlich.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 29. September 2023 um 07:59 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Gitarrentechnik, Gitarrenunterricht abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .