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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

3-D-Befragungen der rechten Hand – Teil 1

Bei dieser Artikelserie kann man mir bei meinem lauten Denken mitlesen. Sie ist nicht fertig, sondern Working in Progress.

Schon seit langem stelle ich eine Differenz fest, wie klar mir die Bewegungsabläufe in der Greifhand sind und wie unklar verglichen dazu die Bewegungsabläufe der Anschlaghand.

Wer meine Artikelserie Inverse und direkte Kinematik durchliest, wird verstehen, dass ich für mich zu dem Ergebnis gekommen bin, dass jeder die Bewegungen der Greifhand in ihre Einzelanteile zerlegen und diese eindeutig und allgemein verständlich formulieren kann. Jedem Bewegungsanteil kann eine Funktion zugeordnet werden.

Bei der rechten Hand ist mir das nicht möglich. Woran liegt das? Ich bin momentan noch auf der Suche. Aber es gab einen großen Unterschied bei den Erklärungsmodellen zwischen Greifhand und Anschlagsmodell in dem von mir erlebten Unterricht.

Bei der Greifhand wurde kaum ein zeitlicher Bezug zwischen den Bewegungen gefordert, bei der Anschlaghand schon.

Sobald mir der Wechselschlag erklärt wurde, wurde die Wichtigkeit unterstrichen, dass die Position des einen Fingers die Position des anderen Fingers bestimmt. Die Bewegungen sind einfach gesagt um eine halbe Phase verschoben.

Ich habe einmal im Methodikunterricht im ersten Semester das Wort Phasenverschiebung verwendet und erzeugte so ein Unverständnis, dass dieser Satz mir noch im letzten Semester liebevoll, spöttisch unter die Nase gerieben wurde. (Wie kommst Du nur auf die Idee, dass das jemand versteht.) Das Grundprinzip der Phase kann man bei Wikipedia nachlesen.

Es gab bei Zerlegungen auch Anweisungen, die forderten, dass bestimmte Dinge gleichzeitig erfolgen sollen.

Diese Gleichzeitigkeiten stellen aber in meinem Kopf ein Problem bei der Analyse der Bewegungen dar.

Warum? Im Laufe eines Anschlages ist die Fingerkuppe eine Zeitlang zwischen der Saitenebene und der Decke der Gitarre (ab sofort “hinter der Saitenebene”). In meiner Vorstellung ergab dies beim Wechselschlag das Ergebnis, dass in jeder Phase des Anschlages eine der beiden Fingerkuppen sich zwischen Saitenebene und Decke befindet.

Das bedeutet aber auch, dass, wenn ich die Anschlagshand umpositionieren will, müssen die Finger Ausgleichsbewegungen machen, damit der Finger mit der Kuppe hinter der Saitenebene nicht mit einer der Saiten kollidiert.

So jedenfalls meine Vorstellung. In der fragte ich mich auch, ob es sein könne, dass das Mittelgelenk des anschlagenden Fingers sich schließen müsste, aber wegen einer Umpositionierung sich auch öffnen müsste. Kann es sein, dass die Summe der beiden Bewegungen ergibt, dass sich das Mittelgelenk des Fingers während der Anschlagsphase öffnet?

Wie dem auch sei, die von mir angenommenen Wechselbeziehungen verhindern mir eine Analyse der Bewegung, wie ich sie gerne hätte.

Als ich mal wieder darüber nachdachte, dachte ich mir: “Greife doch mal wieder zu Blender!” Das Dumme an Blender ist, ich nutze es alle heiligen Zeiten. Deswegen muss ich mich immer wieder einarbeiten. Dabei habe ich einige, für mich interessante Dinge entdeckt.

Zuerst baute ich erst ein Ausgangssetting.

Dieser Finger muss bewegt werden. Ich habe, obwohl es vollkommen falsch ist, angegeben, die Öffnungsbewegung des Grundgelenkes startet mit der Öffnungsbewegung des Mittelgelenkes. Also die beiden Bewegungen der beiden Gelenke sind phasengleich.

Das Ergebnis ist wie erwartet, man sieht eine Art Dedillio.

Dann habe ich die Bewegung um eine halbe Phase verschoben. Das bedeutet, wenn das Grundgelenk mit der Schließbewegung startet, dann beginnt das Mittelgelenk mit seiner Öffnungsbewegung.

Das Ergebnis hat eine Gewissheit in mir erschüttert. Ich könne mir das Ergebnis vorstellen. Die Kuppe bewegt sich auf einer Linie hin und her. In meinem Kopf sah das ganz anders aus.

Ich probierte dann die Bewegungen um eine Viertelphase verschoben. Dies bedeutet, das eine Gelenk ändert seine Richtung, wenn das andere auf dem Viertel seines Weges angekommen ist. Also halb geschlossen oder halb geöffnet.

Das sieht einem Anschlag schon sehr ähnlich. Aber wenn man an die Fingerkuppe heranzoomt ….

Also es schrammt schon gefährlich nahe an der Nachbarsaite vorbei.

Aber ich verwende Blender ja, um gut verständliche Erklärungen zu erhalten. Die Erklärung: “Dies bedeutet, das eine Gelenk ändert seine Richtung, wenn das andere auf dem Viertel seines Weges angekommen ist.” Wie auch andere Ausgestaltungen dieser Erklärung sind eigentlich nicht mehr leicht verständlich. Weiter, die Bewegung ist schwer vorstellbar.

Aus purer Neugierde habe ich versucht, den genutzten Gelenkwinkel zu verkleinern. Ich halbierte den Winkel beider Gelenke, nachdem die Fingerkuppe die Saite berührt hat.

Sieht besser aus. Aber an diesem Video werden mehrere Probleme klar.

Verständliche Formulierung

Ich schrieb: “Ich halbierte den Winkel beider Gelenke, nachdem die Fingerkuppe die Saite berührt hat.” Mir ist klar, was ich meinte. Ob andere, dies ist die Frage? Ob ich jetzt korrekt in mathematischer Terminologie spreche, ist fraglich.

Da die meisten doch einiges von ihrem Mathematikunterricht vergessen haben dürften, ist die Terminologie erklärungsbedürftig und die Kommunikation ist deswegen nicht sonderlich verlässlich.

Allgemeingültigkeit

In den Videos bilde ich einen freien Anschlag nach. Die Frage ist, würde die von mir gefundene Formel der Bewegungsbeschreibung noch bei einem Apoyando zutreffen. Aber würde diese Formel bei anderen Gegebenheiten, obwohl Tirando noch funktionieren oder käme ich vielleicht doch mit der Nachbarsaite ins Gehege? Wahrscheinlich könnte man das ausrechnen. Aber ich nicht und damit der Großteil der Kollegenschaft.

Also habe ich einen anderen Betrachtungsrahmen verwendet, der mir aber schon länger geläufig ist.

Neue Beschreibungsform

Ausgangspunkt: Kuppe und/oder Nagel liegt an der Saite an.

  1. Bewegung: Mittelgelenk schließt sich
  2. Bewegung: Grundgelenk öffnet sich
  3. Bewegung: Mittelgelenk öffnet sich
  4. Bewegung: Grundgelenk schließt sich

Das sieht dann z.B. in Blender so aus:

Persönlich finde ich das nicht so schlecht. Aber es gibt da von mir die Artikelserie “Lenken wir zu stark aus?“. Dort taste ich noch herum, wie der Zusammenhang zwischen den Bewegungen der beiden Gelenken beim Passieren der Fingerkuppe und des Nagels der Saite sein könnte.

Sieht man sich diese “Nahaufnahme” an, dann ist zu sehen, wenn sich nur ein Gelenk bewegt, dann ist ein Hängenbleiben des Nagels vorprogrammiert.

Deswegen würde ich die obige Beschreibung wie folgt abändern.

Die Passierphase: Das Mittelgelenk gibt Druck auf die Saite, das Grundgelenk zieht den Finger von der Decke weg. Dadurch gleitet die Fingerkuppe bzw. der Nagel über die Saite und fliegen nach dem Verlassen der Saite weiter.

Die Abbremsphase: Mittelgelenk und Grundgelenk stoppen ihre Bewegung und damit die Flugphase.

Die Vorbereitungsphase:

  1. Teil 1: Das Grundgelenk öffnet sich. Das Mittelgelenk verhindert notfalls durch Ausgleichsbewegungen, dass der Finger mit der Saite kollidiert.
  2. Teil 2: Das Mittelgelenk öffnet sich.
  3. Teil 3: Das Grundgelenk schließt und führt den Finger wieder an die Saite heran.

Teil 2 kann schon beginnen, wenn Teil 1 noch ausgeführt wird. Teil 3 kann schon beginnen, wenn Teil 2 noch ausgeführt wird.

Zur Passierphase. Man kann sie anders beschreiben und es wäre auch ein anderes Funktionieren. Das Mittelgelenk schließt sich. Das Grundgelenk reguliert den Druck so, sodass die Fingerkuppe und der Nagel die Saite passieren.

Bloß einerseits finde ich, es sieht nicht so richtig schlecht aus, aber es sieht auch nicht richtig gut. Also habe ich die Phasen ein wenig verschliefen.

  1. Das Öffnen des Grundgelenkes beginnt schon während der Knickphase des Mittelgelenkes. Dadurch bekomme ich einen größeren Abstand zur Seite. Hier ist es zur Hälfte der Knickphase.
  2. Während des Öffnens des Grundgelenkes beginnt auch das Öffnen des Mittelgelenkes.

Und jetzt muss ich schauen, was ich herausfinde, wenn ich jetzt einen Wechselschlag simuliere. Gibt es genügend Zeit, die Hand umzupositionieren, ohne die Anschlagbewegungen (gravierend) modifizieren zu müssen.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 22. September 2023 um 08:29 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Gitarrentechnik, Gitarrenunterricht abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .