https://www.gitarrenunterricht-frankfurt.de/wp-content/themes/GitarreFrankfurt/image/Logo-6a.png

Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Stimmgerät was nun? – Teil 2

Also ich stimme eigentlich nach Ohren. Mit Stimmgerät stimmen, finde ich unbequem. Aber stillschweigend bin ich davon ausgegangen, dass Stimmgeräte genauer sind als das menschliche Ohr, weil die Tonhöhenunterscheidungsschwelle ist bei Stimmgeräten höher als beim Menschen.

Dabei hing ich der Illusion an, dass ein musikalischer Ton auf einem Instrument eine stabile Frequenz hätten und harmonische Obertöne. So hatte ich es im Physikleistungskurs gelernt, häufig gelesen und auch an der Musikhochschule gehört. Die Begriffe Inharmonizität und amplitudenabhängige Resonanzfrequenz tauchten nirgendwo auf. Die Messergebnisse hochgenauer Stimmsoftware hat mich auf eine kleine Erkundungsreise geführt, die mir diese Illusion raubten.

Die Physik verwendet Begriffe, wie ideale Saite (Theorie), reiner Ton (Labor), komplexer Ton (Musik, Praxis). All das hat praktische Folgen für die Verwendung eines Stimmgerätes.

Dazu möchte ich von zwei Erlebnissen dieser Erkundungsreise erzählen.

Ich wollte mir Hörbeispiele für Schwebungen bei verschiedenen Verstimmungsgraden mit realen Instrumentenklängen erzeugen. Also meine Samplelibrary aufgerufen.

Die Verstimmung bei einer Prime darzustellen, ist kein Problem. Man legt in einer DAW die beiden Samples nebeneinander und verstimmt das eine Sample entsprechend elektronisch um den gewünschten Centbetrag.

Da man auf der Gitarre auch mit Oktaven und Doppeloktaven stimmt, wollte ich auch da entsprechende Klangbeispiele erzeugen. Und da stieß ich auf ein Problem. Die Samples der beteiligten As waren offenkundig verstimmt. Wichtig Samples von realen Klängen sind komplexe Töne.

Aber man kann ja Samples elektronisch stimmen. So tat ich es und stimmte nach Ohren das Sample möglichst schwebungsfrei. Meine eine Stimmsoftware, welche die Stimmgenauigkeit in nur ganzen Cents angibt, war zufrieden mit mir.

Mich interessierte, ob ich diesen letzten Anflug von Schwebung wegstimmen könnte. Ich veränderte die Werte in meiner DAW mit einem Iterationsverfahren und bekam die Schwebung noch schwächer. Ab Änderungen von 0,3 Cent hörte ich nur noch, es ändert sich etwas. Aber ob zum besseren oder schlechteren, konnte ich nicht sagen.

Also befragte ich meinen hochgenauen Stimmapps, die Angaben im 0,1 oder sogar 0,01 Centberreich machen können. Aber die Werte flackerten in einer Spanne, die deutlich größer als 0,3 Cent waren über den Bildschirm. Die Stimmsoftware konnte mir deswegen nicht weiterhelfen, weil das sich wegen der Komplexität des Tones nicht festlegen konnte.

Aber wenn ich den Ton mit der Software um 0,2 Cent pitchte, veränderten sich die von der Stimmsoftware angezeigten Werte in die Richtung der Änderung. Aber es war nicht möglich die Differenz zu benennen, weil diese viel zu schwankend waren.

Nun zu dem zweiten Erlebnis. Weil das exakte Stimmen der realen Klänge nicht möglich war, griff ich auf einen etwas älteren Softwareinstrument zurück. Dieses Softwareinstrument greift nicht auf reale Klänge zurück, sondern auf Klangsynthese. Also die Klänge werden berechnet anhand von Wellenmodellen echter Instrumente. Damit ist eine Oktave eine reine Oktave.

Das Dumme war nur, dass dieses Softwareinstrument nicht auf den Pitchbefehl meiner DAW reagierte. Also musste ich zu einem anderen Verstimmungsmechanismus greifen. Dieser Verstimmungsmechanismus hatte aber das Problem, dass bei ihm nicht wie sonst gilt, veränderst Du die Eingabe um den Betrag X, dann hast Du den Ton um einen Cent verändert. Ich konnte keinen mathematischen Zusammenhang feststellen.

Also messen. Aber die Töne dieses Softwareinstrumentes haben all die Eigenschaften von realen Klängen, die ja als Modell gedient haben. Die Töne haben amplitudenabhängige Resonanzfrequenzen, Obertonschwankungen und vermutlich auch Inharmonizität. Also die Stimmsoftware kann da nichts Genaues erkennen und sich wie bei den realen Klängen nicht festlegen.

Also nahm ich ein Softwareinstrument, welches reine (Sinus)töne erzeugen kann. Die verschiedenen Stimmsoftwares, die mir zu Gebote stehen, zeigten einheitliche und stabile Werte an. Damit hätte ich dann die richtigen Eingabewerte bestimmen können, wenn denn dieses Softwareinstrument auf die Eingaben reagiert hätte. (Ich glaube meine Nachbarn danken mir. Sinustöne sind echt nervig.)

Zusammenfassend glaube ich, dass man sagen kann, Stimmgeräte funktionieren sehr gut bei Tönen, die in ihren physikalischen Zusammensetzung in der Musik eher selten vorkommen.

Es kann vielleicht sein, dass man lernen kann, diese schwankenden Werte zu lesen. Aber Stimmen muss man auch lernen.

Teile diesen Beitrag von Gitarrenunterricht Frankfurt

Der Beitrag wurde am Freitag, den 1. Februar 2019 um 08:27 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Android, Elektronik, Gehör, Gitarre lernen, Gitarre stimmen, Gitarrenunterricht, Instrumente, Musiktheorie, Recording, Software abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .