Soundfonts, Samples, Softwareinstrumente – Teil 1
Wie im letzten Artikel geschrieben, habe ich mich mit Samples beschäftigt. Mancher wird sich fragen, ist diese Beschäftigung damit sinnvoll, soll ich mich darauf einlassen?Die Grundintention für mich war, dass ich einerseits meinem Spleen nachgehen wollte, möglichst realistisch klingendes Gehörbildungsmaterial bereitstellen zu können, ohne dass man ein Studio mieten muss und Musiker bezahlen.
Andererseits verwende ich MIDI-Dateien als Ausgangbasis für Begleitmaterial oder Klangbeispiele für meine Schüler. Mit realistischen Klängen entfalten diese Klangdateien mehr musikalische Wirkung.
Die Formulierung „mehr musikalische Wirkung” ist erklärungsbedürftig. Wenn man zu einem realen Streicherdurdreiklang eine kleine Septim singt, wird die dominantische Wirkung manifester, als wenn man die kleine Septim zu einem Standard-MIDI-Streicherdreiklang singt.
Harmonische Wirkungen entfalten sich für den Anfänger wesentlich deutlicher, wenn er zu lange klingenden Klängen (Bläser, Streicher) spielen kann, als wenn er zu einer Klavier- oder Gitarrenbegleitung spielt.
Ich habe zwar verschiedene Softwaresynthesizer auf meiner Festplatte herumliegen, die teilweise sogar sehr gute Klänge erzeugen, aber doch leider sehr wenige.
Aus Musikzeitschriften kenne ich die Namen diverser Samplelibraries und deren Preise. Ein Instrument kostet bei der Vienna Symphonic Library 60 Euro in der kleinsten Ausführung. Das kleinste Paket mit den wichtigsten Orchesterinstrumenten je nach Ausführung 350 bis 800 Euro.
Bei whc gibt es das Te Deum, welches mit dieser Library gemacht worden ist. Als ich das MP3 zum ersten Mal gehört habe, habe ich erst einmal geschaut, ob ich doch nicht das MIDI-File erwischt habe, so enttäuschend fand ich das Ergebnis.
Ich fand das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht sehr begeisternd. Ich dachte mir, das kannst Du deutlich billiger haben. Samples gibt es zuhauf im Netz. Einen Softwaresampler füttern, ist nicht schwer.
Ist es so einfach und unkompliziert, wie ich mir das vorgestellt habe? Leider nein. Die freien Samples im Netz müssen teilweise sehr häufig nachbearbeitet werden.
Was für Probleme gab es?
1. Die Stimmung: Teilweise sind die Samples verstimmt, und zwar manchmal sogar um einen ganzen Halbton.
2. Die Lautstärke der Samples: Letztendlich sollten die Töne einer Tonleiter ungefähr gleich laut oder kräftig klingen. Die freien Samples fallen teilweise zu inkonstant aus. Die Samples durch Normalisieren auf gleiche Lautstärke zu bringen, funktioniert teilweise ganz gut, aber hat auch seine Grenzen.
3. Die unterschiedliche Länge der Samples. Ist der Ton länger als das darauf basierende Sample, dann hört der Ton zu früh auf. Womit man leben könnte, wenn die Samples einheitlich lang wären. Da sie das nicht tun, klappert es teilweise ziemlich kräftig und es wirkt teilweise sehr komisch. Man kann zwar durch Loops im Sample den Ton verlängern. Aber das ergibt dann ein leicht unnatürliches Pseudovibrato.
Diese Looptechnik muss man auch beherrschen, weil sonst wird dieses Vibrato zu penetrant.
Es ergibt sich häufig folgendes erstaunliche Phänomen. Wegen der Inkonsistenz der musikalischen Parameter der Samples klingt das Abspielen einer MIDI-Datei mit dem unmenschlichen Material der Klangwellensynthese musikalischer als mit dem menschlichen Material.
Weiter fand ich unbefriedigend, wie die Endergebnisse klangen. Ich weiß einfach zu wenig, wie man diese Klänge weiter nachbearbeiten muss. Ich konnte meine Ergebnisse mit Ergebnissen im Netz vergleichen, die auf das gleiche Ausgangsmaterial zurückgegriffen haben, die Qualitätsunterschiede waren teilweise gravierend.
Weitere Probleme waren:
4. Die unterschiedliche Mikrophonierung. Manche Samples sind staubtrocken aufgenommen worden. Das andere Instrument mit sehr viel Raumklang. Verwende ich das staubtrockene Instrument und das hallende Instrument gemeinsam, klingt das auch sehr komisch.
5. Manche Instrumente klingen solo ziemlich gut, aber im Zusammenklang mit bestimmten anderen Instrumenten werden diese plötzlich sehr synthetisch.
Ich vermute, die Mischung im Raum erzeugt ein anderes Wellenspektrum als das pure Zusammentreffen der beiden Klangquellen in der Soundkarte. Andere bekomme das aber hin.
Letztendlich habe ich jetzt verstanden, was für ein Aufwand hinter den Samplelibraries steht und warum sie kosten, was sie kosten.
Nehme ich jetzt meinen Zeitaufwand und rechne ihn mit meinem Stundenlohn, dann hätte ich mir auch die billigste Version der Vienna Symphonic Library kaufen könne und stände vermutlich vom Endergebnis besser da.
Aber umsonst war diese Auseinandersetzung nicht, weil ich habe sehr viel über Klang gelernt und auch wieder einiges darüber, wie Musik funktioniert.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 9. Dezember 2011 um 08:21 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gehör, Gitarrenunterricht, Instrumente, Software abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .