https://www.gitarrenunterricht-frankfurt.de/wp-content/themes/GitarreFrankfurt/image/Logo-6a.png

Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Der Russe ist einer, der Birken liebt

Persönlich bin ich mit dem Buch “Der Russe ist einer, der Birken liebt” von Olga Grjasnowa nicht so warm geworden, aber es gibt eine Passage, die einfach sehr viel über das Spannungsfeld sagt, in dem man sich als Instrumentallehrer*In befindet.

Sie unterrichtete Klavier – zuerst an einer Musikschule, später an der Hochschule. Auch sie hatte am Anfang Schwierigkeiten mit dem neuen System: Ausgebildet an einem sowjetischen Konservatorium, hatte sie professionelle Standards, hinter die sie nicht zurückkonnte. Als der Vater einer ihrer ersten Schülerinnen, ein Priester, sich bei ihr beklagte, der Musikunterricht würde seiner Tochter keinen Spaß bereiten, bekam meine Mutter Herzrasen und schwitzige Hände. Sie hatte bis dahin nicht gewusst, dass Spaß der Zweck der Kunst war. Vor allem von einem Priester hatte sie so etwas nicht erwartet. Die Musik wurde in der UdSSR mit größtem Ernst behandelt, genau wie Ballett und bildende Kunst. Im Gegensatz zu Deutschland konnte jedes Kind neben der schulischen eine hochprofessionelle und vor allem kostenlose künstlerische Ausbildung bekommen, allerdings nur solange das Kind gewillt war, hart zu arbeiten, und meine Mutter verstand nicht, wie es jemand nicht wollte.

Sie ist die Mutter der Protagonistin, dürfte aber sehr hohe Ähnlichkeit mit der Mutter von Olga Grjasnowa haben, denn in dem Zeit-Podcast “Alles gesagt” erzählt Olga Grjasnowa noch andere Geschichten über ihre Mutter. Diese war russisch ausgebildete Pianistin.

Aber warum, mag ich diese Passage. Erstens, ich kann mir beim Lesen ein Grinsen nie verkneifen. Der Gestus der sich dahinter verbirgt, kenne ich von anderen Kollegen. Bloß hier kommt er deutlich charmanter herüber.

Zweitens, dieser Ausschnitt beschreibt doch ziemlich gut das Spannungsfeld, was bedeutet das Instrument für den*die Lehrer*In und was bedeutet es für den*die Schüler*In.

Bevor aber jetzt irgendein*e Erziehungsberechtigte*r diese Passage einer Kollege*in unter die Nase hält, den meisten meiner Kollegen ist dieses Spannungsfeld bewusst. Kritik am Eifer der*s Schüler*In bedeutet nicht, dass der*ie Schüler*In nicht den Erwartungen des Lehrers entspricht, sondern das der*ie Schüler*In zu wenig tut, um ihre eigenen Erwartungen zu erfüllen.

Teile diesen Beitrag von Gitarrenunterricht Frankfurt

Der Beitrag wurde am Freitag, den 4. November 2022 um 08:26 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Eingeschoben abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .