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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Fremdsprachen lernen – Musik lernen

Ich war immer mal wieder im Urlaub im britischen Sprachbereich unterwegs. Darauf habe ich mich unter anderem mich darauf vorbereitet, mir britische Filmproduktionen anzusehen. Letzten Sommer war ich in Irland und habe einen Faible dafür entwickelt, englische Kinderbücher zu lesen.

Während der Irlandtour und kurz danach habe ich die englischen Wörter beim Lesen in meinem Kopf mit einem britischen Akzent gehört. Ich würde sagen, ich habe nicht meine Stimme gehört, sondern eine zurechtphantasierte. Aber irgendwann tauchte wieder meine Stimme mit meinem deutschen Akzent auf. Da ich mittlerweile Filme und Serien lieber im Originalton sehe, bin ich natürlich wieder mit dem britischen Akzent konfrontiert worden. Wenn ich danach Englisch lese, habe ich etwas britisch klingendes im Kopf, um dann wieder in den deutschen Akzent zu verfallen.

Ich entwickle zumindest kurzfristig die Fähigkeit, mir den Klang von britischem Englisch vorzustellen.

Ich habe immer wieder mit der Aussprache neuer Namen von Sprachen, die ziemlich spät in mein Leben getreten sind, Probleme. Damit ich mich nicht blamiere, weil ich mehrmals über die Aussprache des Namens einer Interessentin stolperte und verzweiflte, habe ich kürzlich den Namen in Deepl eingegeben und mir vorsprechen lassen.

Da fiel mir auf, ich höre das Vorbild in meinem Kopf, konzentriere mich auf meinen Mund und versuche mir beides einzuprägen. Also ähnlich, als würde ich etwas Vorgespieltes nachspielen wollen.

Aber damit stand auch die Frage im Raum, wie ist das beim Erlernen eines Instrumentes? Ist man da am Klang so interessiert, sodass man sich ihn einprägt. Aus diversen Unterrichtserlebnissen würde ich sagen, eher nein. Es ist eine Art zufälliges Nebenprodukt.

Also wenn ich Sprachen lerne, bin ich am Klang interessiert. Das ist zumindest in den Anfangszeiten, wenn man eine Sprache lernt, so.

Andererseits vergleiche ich einen Teil beim Erlernen eines Instrumentes mit dem Lesenlernen. Bloß beim Lesen lernen interessiert mich der Klang anders. Ich habe Regeln bekommen, wann ich was für einen Laut produzieren soll. Ich halte mich an diese Regeln und suche dann in den vertrauten Wörtern und deren gewussten Klängen nach einer Entsprechung. Sobald ich zum Beispiel bei dem Wort „Tür“ bei meinem ersten Leseversuch, das Wort Tür in meiner Klangproduktion erkenne, schalte ich um und forme mir das schon bekannte und vertraute Wort „Tür“.

Also Lesen lernen, ist die Zuordnung von bekannten und vertrauten Klängen zu Zeichenfolgen, die man schon produzieren kann.

Beim Sprachen lernen, versuchen wir dazu im Gegensatz zum Lesen lernen auch den Klang einer Zeichenfolge zu erlernen.

Aus diversen Gesprächen und Erlebnissen im Unterricht weiß ich, dass Schüler nicht unbedingt wissen, wie sich die Stücke anhören, die sie üben.

Ich frage mich, ob in den Vergleichen Sprache und Lesen lernen vielleicht eine Erklärung liegt?

Instrumentalunterricht, so wie ich ihn kenne, ist eher eine Form von Lesen lernen. Man bekommt Anweisungen, wie man seine Finger bei bestimmten Zeichen formen muss. Haben die Schüler einen Anlass, sich um das Klangergebnis zu kümmern? Eher nein. Das, was man beim Lesen lernen macht, zu überprüfen, ob ich ein Wort lese, was ich schon mal gehört habe, ergibt für den Anfänger keinen Sinn. Denn er hat ja keinen Wortschatz. Aus Sicht des Anfängers bleibt nur, die motorischen Anweisungen zu befolgen und aneinander zu reihen.

Ich habe momentan zwei Kinder, die als Kinder nach Deutschland gekommen sind. Sie haben Deutsch im Kindergartenalter gelernt. Ich fragte sie, ob sie sich erinnern könnten, wie sie damals sich die deutsche Sprache angehört haben. Genauso sollen sie sich mein Vorspielen anhören. Ergebnis, sie hörten intensiver bei meinen Nachspielaufgaben hin als normalerweise. Aber die Erfahrung, eine fremde Sprache zu erlernen, scheint das nicht zwangsläufig zu evozieren. Denn ich habe eine Schülerin im Grundschulalter, die vor zwei Jahren ein Jahr in Tansania lebte. Dort lernte sie zwangsweise Englisch und ein wenig Swahili. Bei ihr hat diese Frage keinen verstärkenden Effekt.

Daraus resultierte die Frage an diverse Schüler: „Hört ihr eure Stücke im Kopf, wenn ihr die Noten seht?“ Die Antworten vielen gemischt aus. Von „gar nicht“, über „teilweise“, bis „ganz“ gingen die Antworten.

Da fiel mir ein, wie es in meinen Autodidaktenzeiten vor 40 Jahren war. Ich war neugierig, wie die Noten klangen, die ich mir ausgeliehen hatte. Dazu musste ich mir sie mangels Medien selber vorspielen. Also hörte ich meinem Spiel intensiv zu. Das änderte sich ab dem Zeitpunkt, als ich Unterricht bekam. Der Fokus verlagerte sich auf die richtige Bewegung. Die Frage war nicht mehr, wie klingt das, sondern mache ich es richtig.

Im Instrumentalunterricht ist man nicht unbedingt neugierig auf die Stücke und will wissen, wie sie klingen, sondern sie sind ein Mittel zum Zweck, ein Instrument zu lernen. Ziel ist aus Sicht des Schülers, den motorischen Apparat zu beherrschen. Instrumentalunterricht provoziert nicht, dass man versucht herauszufinden, wie sich die Noten anhören. Wenn man eine Sprache lernt, ist man aber auch an der Frage interessiert, wie klingen diese gedruckten Worte vor mir.

Ich fragte einen Anfängerschüler, von dem ich weiß, dass sehr viel in der Familie gesungen wird und der sein Zählen nicht spricht, sondern mitsingt, aber mit seinen Fingern kämpft, ob er wisse, wie seine Stücke klingen würden. Zu meiner Überraschung sagte er nein. Da fragte ich ihn, ob er glaube, ob das Ziel sei, sich nur die Bewegungen einzuprägen? Er antwortete mit ja.

Weil mein Gedankengang vom Sprachenlernen angeregt ist, probierte ich mit Google-Translate. Dabei fiel mir auf, wenn ich eine Aussprache vergessen habe, dann höre ich nach. Habe ich Teile eines Stückes vergessen, dann sehe ich nach.

Und es gibt zwei Dinge, die man nachsehen kann. Was müssen die Finger machen? Wie klingt es? Ein Schüler wird vermutlich die erste Frage beantworten.

Aber ich konnte auch andere interessante Beobachtungen machen. Es gibt Sprachen, da stütze ich meine Klangerinnerung mit dem Schriftbild. Bei anderen Sprachen brauche ich das Schriftbild nicht. Dann gibt es Sprachen, bei welchen ich unfähig bin, das Schriftbild mit dem Klang in Verbindung zu bringen. Zum Beispiel Arabisch. Beim Arabischen konnte ich mir nichts länger als wenige Minuten merken.

Ich könnte mir vorstellen, wenn Kollegen versuchen würden, Wörter aus ihnen gänzlich unbekannten und unvertrauten Sprachen nachzusprechen, dass sie ein Gefühl dafür bekämen, wie es Anfängerschülern geht, beziehungsweise Strategien ableiten könnten, wie man mit ihnen arbeiten könnte.

Ich probierte auch ein wenig Schwedisch nachzusprechen. Schwedisch hatte bei meinen Versuchen den Vorteil, dass ich von den Wörtern die Silben in Google Translate eingeben konnte, ohne dass sich ihre Aussprache verändert hätte.

Ich glaube, die meisten kennen das von ihren Fremdsprachenlernversuchen. Die Wörter werden nicht komplett vorgesprochen, sondern ihre Einzellaute werden vorgesprochen, um dann diese Laute wiederum zu dem Wort zusammenzusetzen.

Dieses Vormachen in sehr kleinen Einheiten, kenne ich so nicht aus der Musik. Deswegen stellte ich mir die Frage, was ist ein „Laut“ in der Musik? Persönlich tendiere ich dazu, ein Laut ist die Abfolge von meist zwei manchmal drei Tönen. Im Zusammenklang ist ein Laut die Schichtung von mindestens zwei Tönen.

Dies hat mir einen neuen Blickwinkel für Aufgabenstellungen im Anfängerbereich gegeben. Bisher habe ich zum Beispiel zur Vereinfachung einer Nachspielaufgabe, die Schüler hörend die Einzeltöne bestimmen lassen und habe diese dann zusammenhängend wie in 1 vorgespielt.

Unter dem Aspekt Laute, würde ich den Anfang von „Alle meine Entchen“ als Erstes so wie in Zwei zerlegen. Diese Tongruppen würde ich rhythmisch korrekt vorspielen und nachspielen lassen. Dann die Gruppen wie in drei rhythmisch korrekt vorspielen. Um dann die Töne wie in Eins vorzuspielen.

Vergleiche hinken bekanntlicherweise. Das Hinken kommt meist durch Differenzen. Also schauen wir uns diese an.

Beim Spracherwerb gibt es eine Phase des Lauterwerbes, dann beginnt das erst das Sprechen. Dem Sprechen folgt das Lesen. In der Musik wird man mit all diesen Dingen meist von Anfang an konfrontiert. Bein Fremdsprachen lernen, ist zumindest die Lautfrage geklärt. Vielleicht muss man bekannte Laute variieren, übertreiben oder abschwächen.

Aber bei der Lautbeherschung gibt es einen gravierenden Unterschied. Ich habe dazu nichts gefunden, aber ich bin mir sicher, dass bei der menschlichen Lauterzeugung für einen Laut nur eine motorische Möglichkeit gibt. Auf dem Instrument mehrere. Rein theoretisch gäbe es auf der Gitarre für die Tonfolge c’ – f’ 1990 mögliche Fingersätze.

Hinzukommt beim Instrumentalspiel gibt motorische Anweisungen, die eher ergonomisch begründet sind und nicht klanglich.

Dies führt dazu, dass man beim Spielen eines Instrumentes seine Motorik permanent kontrollieren muss. Bei einer Fremdsprache lässt diese motorische Kontrolle ziemlich schnell nach und wird unterbewusst. Macht man das bei einem Instrument, hat man ziemlich schnell Probleme.

Betrachten wir uns mein Vorspielbeispiel von oben. Anfänglich wird der Schüler, nachdem er herausgefunden hat, was für Finger er nutzen muss, darauf achten, dass er diese Finger nimmt und dass es wie das Gehörte klingt. Aber dann fällt im Kopf des Schülers eine Entscheidung. Mancher geht auf Nummer sicher und fokusiert nur noch auf die Bewegung. Dem anderen stellt sich der Fokus auf die Bewegung zwischen sich und die Musik. Es stört den Genuss an der Musik. Also fokusiert auf den Klang. Der Wahrnehmungsgleichgewicht kommt ins Schwanken. Und bei einer nicht unerheblichen Zahl von Schülern, schlägt er zu einer Seite aus und kommt nicht mehr ins Gleichgewicht.

Fazit dieser Überlegungen, es scheint beim Fremdsprachenlernen automatisch Mechanismen zu geben, die beim Erlernen eines Instrumentes sinnvoll wären, aber auf die ein Schülerhirn nicht zwangsläufig zugreift. Es scheint eher zu sein, dass dies eher Glück ist.

Ich glaube zwar, dass man diese anregen kann, aber das Schwierige ist, dass es sich, weil es um mentale Prozesse handelt, sich diese der Kontrolle des Lehrers und Schülers eher entziehen.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 16. Februar 2024 um 08:41 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gehör, Gitarre lernen, Gitarrenunterricht, Musikalität abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .