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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Aphantasie

Vor einigen Wochen schwappten durch meinen Medienkonsum Berichte über Aphantasie. Es handelt sich um ein Unvermögen sich etwas visuell vorstellen zu können. (https://de.wikipedia.org/wiki/Afantasie)

Wenn man die Berichte über diese Forschungen genauer liest, stellt man fest, es handelt sich um ein Spektrum der visuellen Vorstellungskraft. Von sehr gut bis geht rein gar nicht.

Aber was hat Aphantasie mit Gitarrenunterricht bzw. Instrumentalunterricht zu tun? Mir hat sich die Frage aufgedrängt, wie sieht es mit den anderen Sinnen aus, insbesondere mit dem Hörsinn? Ich befragte das Internet. Ich fand nichts zu diesem Thema. Wenn ich nicht zu dumm zum Suchen war, dann gibt es keine Forschung über die Unterschiede der Prägnanz der auditiven Vorstellung bzw. deren Unvermögen.

Dem Wikipediaartikel zufolge hat die erste Forschung zur Aphantasie zwischen 2005 und 2010 begonnen, obwohl Francis Galton 1880 den Sachverhalt als solchem erstmals beschrieb. Was doch meiner Meinung nach erstaunlich ist, so wichtig das Visualisieren in verschiedenen Bereichen ist.

Vermutlich ist deswegen noch niemand auf die Idee gekommen, diese Frage für Hörvorstellungen zu untersuchen.

Aber wenn man die Idee einer unterschiedlich stark ausgeprägten Fähigkeit einer Hörvorstellung als gegeben ansieht, ergeben sich Erklärungen für Probleme im Musik- und Instrumentalunterricht.

Als ich über Musikalitätsforschung las, fand ich erstaunlich, dass man sich nicht einmal darüber klar war, wie man Musikalität misst. Die Frage, wie lebendig kannst Du Dir Klänge vorstellen, wurde meiner Lektüre nach nicht gestellt.

Ich habe meinen Schüler*Innen diese Frage auch noch nie gestellt. Aber ab und zu, so stelle ich im Rückblick fest, gaben sie mir Auskunft darüber. Sobald die Töne g bis e’ klar sind, ereilt jede*n Schüler*In die Aufgabe “Alle meine Entchen” zu spielen. Ohne Noten und ohne, dass ich das Lied vorspiele.

Und es gibt Schüler*Innen, von denen kommt die Bemerkung: “Ich weiß nicht, wie es klingt.” Erstaunlicher Weise können diese Schüler*Innen meistens “Alle meine Entchen” trotzdem erkennbar singen.

Ich lasse auch ziemlich gerne Stücke nach Gehör spielen. (Nicht die ganze Zeit. Aber beim Kennenlernen des Stückes.)

Dabei fällt auf, wie lange manche Schüler*Innen für sich herumprobieren, ohne mich zu bitten, noch einmal vorzuspielen. Manche fragen schon nach einem Versuch.

Es gibt noch ein Phänomen, was jetzt mehr Sinn ergibt. Manche brechen ab, weil sie nicht wissen, wie der nächste Ton klingt. Aber wenn sie einen Ton ausprobieren, können sie ziemlich verlässlich sagen, ob der Ton richtig ist.

Bei diesen Nachspielaufgaben fällt auch auf, dass es Schüler*Innen gibt, die Ersatzstrategien wählen. Ich versuche zu vermitteln, versuche nicht zu analysieren, stelle keine Theorie auf, sondern höre nur zu. Aber es wird trotzdem gemacht.

Ich frage mich jetzt, ob dies auch nicht eine Art Mißtrauen gegen die innere Hörfähigkeit ausdrücken könnte.

Wen ich mich recht erinnere, gab es immer Kommilitonen*Innen, die das Vorgespielte singen oder klopfen mussten. Ein Prof sagte mir, er könne sich bei Noten nur die Oberstimme vorstellen.

Letztlich bleibt die Frage, kann man das innere Hören trainieren?

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 17. Juni 2022 um 08:47 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Forschung, Gehör, Gitarrenunterricht abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .