Ich will ein Notensatzprogramm? – Teil 1
Das Notensatzprogramm Musescore wirkte auf mich im ersten Moment sehr verlockend, aber bei genauerer Betrachtung bin ich doch ziemlich ernüchtert. Wenn jemand ein Notensatzprogramm kaufen will, dann will er gut lesbare Noten haben, weil die Handschrift nicht so toll ist, weil die Digitalisierung auch gewisse Erleichterung bietet, und, und. Man will sich und seiner Umgebung das Leben leichter und angenehmer machen.
Ich mache seit ca. 25 Jahren Noten mit dem Computer. Bis vor wenigen Jahren war die Entscheidung für ein Notensatzprogramm eine Art Gefängnis. Wollte man wechseln, stand man vor der Frage, wie bekomme ich die Noten aus meinem alten Notensatzprogramm in das neue Programm. Das Gefängnis ist zwar durch MusicXML nur noch eine stark befestigte Grenzanlage, aber es sollte gut überlegt sein, was für ein Programm man kauft.
Aus meinen Erfahrungen will ich Fragestellungen vorschlagen, die bei der richtigen Wahl helfen soll.
Was will ich?
Dazu einen etwas kuriosen Einstieg.
Der letzte Anstoß zu diesem Artikel war eine Diskussion, die ich bei Musescore hatte. Anlass war, dass die Überschrift eines Systems und damit Anfang eines Stückes am Ende der vorigen Seite platziert wurde. Das System sich am Anfang der Seite befand.
Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass Microsoft Word abgewöhnt hat, direkt nach einer Überschrift einen Seitenbruch einzufügen und den Absatztext auf der neuen Seite anfangen zu lassen.
Ebenfalls wurde dieses eigenartige Verhalten von der Musescoregemeinschaft damit verteidigt, man müsse ein perfektes graphisches Endprodukt herstellen und da müsse man sowieso so etwas einstellen. Also es ist kein Bug, sondern ein Feature.
Abgesehen davon ich solle mir Notensatz nicht wie Word vorstellen.
Mir ist darauf aufgefallen, dass es anscheinend eine Frage gibt, die bei mir bekannten Notensatzprogrammen nicht durchdacht wird, aber bei Internetseiten vor 15- 20 Jahren ein Thema war.
Flexibles Design oder statisches Design. Also passen sich die Abstände und Größen dem Ausgabemedium an oder bleiben diese vom Ausgabemedium unabhängig gleich?
Notensatzprogramme scheinen meiner Erfahrung von einem statischen Design auszugehen.
Was bedeutet das?
Ich habe einen 75-jährigen Schüler und der hätte seine Noten gerne größer.
Also wir machen alles größer.
Wie reagiert ein statisches Design?
Die Noten werden größer, die Zeilen höher. Und dichter zusammengedrängt, weil zuvor festgelegt worden ist, nach was für einem Takt die neue Zeile beginnt.
Also alle Zeilenumbrüche entfernen und neue einfügen. Und noch viele andere Nachbesserungen.
Mache ich so etwas für den Schüler? Nein! Ich habe auch noch ein Leben. Zum Glück meint mein Seniorenschüler, er lernt seine Stücke besser, wenn er sie mit Musescore abtippt.
Beim einem guten flexiblen Design, werden die Noten und Umbrüche automatisch zurechtgerückt und es kommt ein akzeptables Ergebnis heraus.
Warum halte ich die Frage der Flexibilität für wichtig?
Ich glaube viele, wenn nicht die meisten, wollen Noten nicht für die Ewigkeit schaffen, sondern für ihren musikalischen Alltag. Sobald eine neue Problemstellung kommt, will man seine Noten schnell und mit wenigen Umständen an die neue Situation anpassen.
Deswegen halte ich das für eine wesentliche Frage, wenn man sich ein Notensatzprogramm kauft, was will ich damit tun? Will ich letztendliche amtliche Notendrucke für Verlage schaffen oder z. B. in meinem Unterrichtsalltag, schnell und flexibel agieren können.
Wie löst die Software oder Sie schwere Situationen?
Was ich immer wieder lustig finde, ist in Notensatzsoftware einen bestimmten Sekundcluster einzugeben und mir das Ergebnis anzusehen.
Hier vier Beispiele.
Als erstes MuseScore
Dann Sibelius:
Dann Finale:
Capella als Letztes:
Nur das Ergebnis von Finale ist sofort für den Druck verwendbar, weil definitiv nicht überlappt. Aber wenn man die Lösungen vergleicht, stellt sich die Frage, was für ein Programm hat recht. Man könnte sagen, dann kaufe ich mir das Programm, was recht hat. Aber das ist zu kurz gedacht.
Weil jedes Programm seine Schwachpunkte hat, die man nachbessern muss. Deswegen ist interessant, wie komfortable können Sie die Situation lösen und wie häufig kommen solche Situationen in ihrem Alltag vor?
Ich als klassischer Gitarrist habe jahrelang Capella genutzt, weil häufig vorkommende Arten der Gitarrennotation nur mit Capella schnell lösbar waren. Dafür habe ich sehr viel andere Kröten von Capella geschluckt.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 8. April 2016 um 08:11 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Notensatz, Software abgelegt. | Es gibt 3 Kommentare