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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Warum verändern sich Notentexte?

Bei den in den letzten Artikeln hochgeladenen Noten, stellte ich fast immer wieder fest, dass die Noten in der mir vorliegenden modernen nachgedruckten Fassungen der Stücke von den Erstausgaben oder Manuskripten abwichen.

Die Abweichungen sind von Stück zu Stück unterschiedlich stark. Mit meinen „Ausgaben“ habe ich genauer hingesehen und war verblüfft, wie eklatant die Änderungen sein können.

In der klassischen Musikwelt wird der Begriff der Werktreue sehr hochgehalten. Es wird mit dem Notentext argumentiert. Klassische Musiker nehmen es mit dem Notentext sehr genau.

Ich muss sagen, eine Art Weltbild hat ziemlichen Schaden erlitten. Es steht natürlich die Frage im Raum, warum ändern sich Notentexte, obwohl der Notentext so ernst genommen wird?

Wobei gesagt sein muss, ich denke hier über Stücke nach, die meist als Unterrichtsliteratur verwendet werden. Bei den sogenannten “wichtigen und großen” Werken herrschen hoffentlich andere Verhältnisse vor.

Aber schon alleine diese Unterscheidung, könnte so manches erklären.

Stille Post und Quellenzugänglichkeit

Viele der Stücke, die ich hochgeladen habe, kenne ich schon aus meinen Anfangszeiten von vor 40 Jahren.

Ich stelle mir vor, ich hätte damals einen Sammelband zusammenstellen müssen. Mir wäre vermutlich nichts anderes übriggeblieben als die Noten aus meinem Regal zur Basis der Arbeit zu machen. Denn an die Quellen zu kommen, wäre ziemlich mühselig gewesen.

Jetzt habe ich mich nicht einmal aus meiner Wohnung bewegt und hatte teilweise wunderbare Faksimile auf dem Bildschirm. Dieser Zustand dürfte noch nicht allzu lange vorherrschen

Das mir dabei Flüchtigkeitsfehler passiert wären, ist natürlich. Dann hätte wieder jemand von mir abgeschrieben. Usw.

Denn eines ist mir schon aufgefallen. Michael Langer hat bei den Saitenwegebänden auch Erstabschriften getätigt. Überall wo ich verglichen habe, habe ich Fehler vorgefunden.

Der subjektive oder objektive Korrekturbedarf

Um das Problem darzustellen muss ich gar nicht in die Vergangenheit gehen. Ein Blick auf Noten, die Musiker selbst im Netz vermarkten, hat mir sehr unkonventionelle Notenbilder gezeigt. 

Meine Reaktion ist häufiger: “Warum nimmst du kein vernünftiges Notensatzprogramm, sondern ein billiges Tabulaturprogramm?”

Bei anderen Musikern habe ich den Eindruck, dass ihnen die Handhabung des Programmes zu komplex ist. Darunter muss dann das Notenbild leiden.

Weil ich mich mit Notensatz leicht tue, setze ich die Noten für mich “vernünftig”.

Bei historischen Noten stellt sich das gleiche Problem aus anderen Gründen.

Ist das Notenbild ein Ergebnis des von uns gern unterstellten damaligen wirtschaftlichen und technologischen Mangels? Gibt es Notensatzkonventionen, die sich im Lauf der Zeit geändert haben? 

Kurz gesagt, man fühlt sich aufgerufen die Rechtschreibung der Noten, die es so nicht so richtig gibt, zu korrigieren.

Persönlich hatte ich aber jetzt bei meinen Vergleichen nicht den Eindruck, dass der Notensatz den modernen Gegebenheiten angepasst worden ist, sondern die Auffassung des Herausgebers gesetzt wurde.

Denn es gibt häufig mehrere Interpretationsmöglichkeiten bei Originalnoten. Die korrigierten Notensätze lassen nur noch eine Interpretation zu.

Technologie

Ich war bei den Saitenwegen sehr verblüfft, wie stark in das Notenbild bei Germano Cavazzoli eingegriffen worden ist.

Einerseits das Notenbild ist extrem unkonventionell und man könnte sich aufgerufen fühlen, es zu korrigieren. Andererseits das ursprüngliche Notenbild nachzubauen, ist je nach Notensalzprogramm nervtötend oder eher ein Klacks.

Jetzt ist mir nicht klar, ab wann für Gitarrennoten ernsthaft Computersatz in den Verlagen verwendet worden ist.  Aber ich mache seit ca. 30 Jahren Notensatz am PC. Es gibt bei der Gitarre Eigenheiten, die anfänglich nur extrem kompliziert darstellbar waren. Teilweise sind jetzt noch bestimmte Eigenheiten sehr viel Handarbeit. Ebenfalls Ich habe mich unter Protest den technischen Gegebenheiten gefügt. So dürfte das auch in vielen Verlagen ausgesehen haben.

Arroganz

Wir klassischen Gitarristen haben teilweise Minderwertigkeitskomplexe wegen unserer Literatur. In diesem Rahmen äußern wir uns sehr häufig sehr abfällig über den kleinen Stückchen, wie von z.B. Carcassi, Carulli oder Giuliani.

Wenn man das Unterrichtsrepertoire eigentlich nicht wertschätzt, warum sollte man dann bei der Übertragung Sorgfalt und Mühe walten lassen.

Wobei ich persönlich der Meinung bin, man sollte vielleicht keine Stücke herausgeben, die man der Sorgfalt nicht wert erachtet.

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Der Beitrag wurde am Sonntag, den 7. Februar 2021 um 08:53 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Noten, Notensatz abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .