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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Ich hasse Musiknachhilfe

Es gibt immer wieder Momente, wo mich SchülerInnen bitten, ihnen zu erklären, was der/die MusiklehrerInn gemeint haben könnte. Wobei ich dann auch schon mal etwas anderen Kenntnisstand habe als der/die MusiklehrerInn in der Schule.

In den Anfängen meiner Unterrichtstätigkeit fragte mich eine Schülerin nach dem Unterschied zwischen den Kompositionsweisen bei Liedern vor und nach Schubert. Das Thema meiner Musikgeschichtsprüfung, die ich mit 1 abgeschlossen habe. Ich bombardierte sie mit all meinem Wissen.

In der nächsten Gitarrenstunde fragte sie nach, ob sie die Unterschiede richtig zugeordnet hätte. Ihre Erzählungen ließen befürchten, dass sie die Merkmale genau falsch herum zugeordnet hatte. Mir wurde ziemlich schlecht, weil ich null Punkte für sie befürchtete und ich dann die Schuld bekäme, weil ich hätte ja gesagt.

Aber sie kam dann mit 15 Punkten an. Die Dinge standen wie befürchtet falsch zugeordnet da. Anmerkung des Musiklehrers, eine tiefere Kenntnis der Materie wäre festzustellen. Ich weiß bis zum heutigen Tage nicht, was sich der Lehrer damals gedacht hat.

Aber seitdem habe ich die Sorge, dass es zu irgendwelchen Konflikten kommt, wenn ich SchülerInnen Dinge aus dem Musikunterricht erklären soll, weil wegen meiner Erklärung die Note versaut wird.

Jetzt hatte ich wieder die Situation, ich sollte einer Schülerin der fünften Klasse Metrum erklären, weil sie krank war. Wobei diese mir ihr Arbeitsblatt unter die Nase hielt.

(Manchem werden die Bearbeitungsspuren auffallen. Ich habe wegradiert, was ich hineingeschrieben habe. Die Eintragungen im linken unteren Notenbeispiel sind von mir und nicht von der Schülerin.)

Ich fand das Arbeitsblatt schwerverständlich, denn nirgendwo stand expressis verbis, dass Metrum durch Betonung entsteht. Die Notenbeispiele implizieren das, wenn man genügend über Notenschrift weiß. Also nichts, was ein/e FünftklässlerIn weiß, der keinen Instrumentalunterricht hat.

Aus dem Arbeitsblatt wurde nicht klar, legt die Lehrerin auf Betonung wert oder hat sie das bewusst oder unbewusst unter den Tisch fallen lassen? Oder ist Betonung schlichtweg kein Teil ihrer Metrumsdefinition?

Dann ist das Arbeitsblatt auch von der Begriffsverwendung nicht stringent. Erst werden Grundschläge geteilt, dann große Schläge in kleine Schläge. Um dann zu erklären, dass Takte, die aus Grundschlägen bestehen, ein Metrum haben. Was für ein großer Schlag wurde in der Logik des Arbeitsblattes geteilt?

Also wälzte ich verschiedene Bücher. Die hatten zwar einen Tenor, aber so richtig einig waren die Erklärungen sich nicht. Neugierig geworden suchte ich im Netz. Ich fand verschiedene Erklärungen. Unter anderem auch Unterrichtsmaterialien verschiedener fünften Klassen. Die Divergenz stieg und manche Erklärungen, waren nicht mit anderen zu vereinigen.

Insbesondere ich entdeckte keine Herangehensweise, die dem Arbeitsblatt ähnelte.

Also befragte ich mein  MGG (Die Musik in Geschichte und Gegenwart). Das erklärte mir nicht, was ein Metrum ist, sondern, dass je nach Theoretiker Metrum unterschiedlich aufgefasst wird.

Da sich bei mir gerade die FünftklässlerInnen stapeln, befragte ich die, was sie unter Metrum lernen würden. Auch hier eine Spanne von unterschiedlichen Erklärungen, die man nicht unbedingt unter einen Hut bringen kann.

Das Begriffswirrwarr erlebe ich immer wieder. Der eine Teil dürfte mit unterschiedlichen theoretischen Ansätzen erklärt sein. Aber es gibt auch ein anderes Problem.

Es gibt ein musikalisches Basiswissen, welches, wenn man irgendeinen musikalischen Lehrberuf ergreifen will, nie abgeprüft wird. Mir hat man z.B. nie jemals beigebracht, was ein Metrum ist, was Rhythmus ist. Man verwendet die Begriffe und glaubt zu wissen, was gemeint ist. Bis man gefragt wird und nachschaut. Dabei erlebt man auch schon mal sein blaues Wunder.

Wenn ich dann solche Arbeitsblätter sehe, wie oben sehe, dann weiß ich nicht, ob

  • schlecht erklärt
  • simplifiziert erklärt
  • das Arbeitsblatt wird durch das Unterrichtsgespräch verdeutlicht.
  • aus einem Buch übernommen oder seinen nicht überprüften Wissensstand einfach hingeschrieben.
  • vielleicht habe auch ich das falsche Wissen.

Aber der/die Schülerin verlässt sich auf mich, weil ich habe ja Musik studiert. Ich muss es ja wissen.

Ich habe dann immer Angst, dass dann ein Riesenkonflikt entsteht, denn es gibt im Netz unheimlich viele Diskussionen, die studierte Musiker versuchen mit dem Satz zu entscheiden: „Ich habe Musik studiert.“

Einerseits hoffe ich, dass die Musiklehrerin meiner Schülerin die Kritik an den Erklärungsmängeln ihres Arbeitsblattes vielleicht doch zufällig mal sehen sollte. Aber schnappt sie dann ein und lässt es meine Schüler büßen oder ergibt sich daraus ein fruchtbarer Dialog?

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 14. Mai 2021 um 08:47 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Eingeschoben, Gitarrenunterricht, Kinder, Krimskrams, Musiktheorie abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .