3-D-Befragungen der rechten Hand – Eine Art Nachtrag
Die Beschäftigung mit Blender und der rechten Hand hat eine Art Nebenprodukt zur Folge gehabt. Ich habe mir noch eine weitere Hand ausgeliehen und habe versucht Bilder für mein Unterrichtsmaterial zu generieren.
Dabei habe ich für mich bemerkenswertes festgestellt.
Doch der Reihe nach. Wie schon öfters gesagt muss ich bei Blender anders vorgehen als bei einem Menschen. Als ich versuchte, eine Grundhaltung der rechten Hand aufzubauen, bin ich bei den ersten Versuchen immer daran gescheitert, dass die Hand so zu den Saiten ausgerichtet war, sodass der a-Finger keine Chance hatte, die e-Saite zu berühren.
Verwunderlich war, dass ich vom Seheindruck dachte, meine Hand stünde richtig zu den Saiten. Also stellt sich mir die Frage, ist die ausgeliehene Hand unrealistisch oder weiß ich nicht, wie es richtig aussieht?
Ich sorgte dann erst einmal dafür, dass der Ringfinger in meinem Modell die e-Saite berührt und ordnete dann die restlichen Finger an. Ich muss sagen, ich fand, diese Hand unterschied sich in meinen Augen nicht sonderlich von den zwei Versuchen, wo die a-Finger ins Leere schlug.
Also schaute ich mir in einigen Schulen die Bilder zur rechten Hand an. Es variiert zwischen Zeichnungen, Photos und Photos, die durch Software zu Zeichnungen umgewandelt wurden. Aber was gezeigt wird, ist unterschiedlich und was dem Autor des Lehrwerkes wichtig ist, wird eigentlich nicht benannt. Ab und zu machte man sich Mühe und stellt mehrere Bilder zur Verfügung. Sehe ich genauer hin, dann bin ich der Meinung, dass die Haltungen nicht identisch sind. Bei manchen Bildern wusste man nicht so recht, wurde die Hand sauber ausgerichtet. Sollen die Finger wirklich minimal schief zu den Saiten ausgerichtet sein oder war eigentlich rechtwinklig gemeint. Aber warum fällt das niemanden auf oder warum stört sich daran niemand? (Vorausgesetzt es gibt nicht den Grund, wir bezahlen jetzt nicht noch einmal einen Photographen oder Zeichner.)
Keiner weiß, wie das Bild wirklich aussehen muss
Schaut man sich den Prozess der rechten Handvermittlung mit Bildern oder visueller Demonstration an, dann ist das ein eigenartiger Prozess. Ich, der Lehrer kontrolliere meine Handhaltung aus meiner Sicht, daraus ergibt sich ein Bild für den Schüler aus einem Blickwinkel, den er seiner Hand gegenüber nicht einnehmen kann. Aus diesem Bild soll der Schüler sich erschließen, wie seine Hand aus seiner Sicht aussehen soll.
Die nächste Frage ist, kann ich aus meiner Sicht, ein getreues Bild dessen konstruieren, was der Schüler sieht. Weiter gefragt, kann ich mir vorstellen, wie die Schülerhand wirklich aussehen muss?
Wie nahe kann jeder der Beteiligten an die Realität kommen?
Jetzt kommt aber dazu, Schüler und Lehrerhand sind unterschiedlich. Würde ich mich jetzt hinter den Schüler stellen und versuchen, meine Perspektive dort einzunehmen, dann würde sich zwar ein Bild mir bieten. Aber könnte ich sagen, ob das, was ich sehe, stimmt?
Bei meiner Hand sehe ich noch geradeso die Falte des Endgliedes des i-Fingers. Der i-Finger schneidet den Daumen eher an der Kuppenspitze. Es stellt sich die Frage, liegt das daran
- dass die Hand noch nicht sauber ausgerichtet ist?
- dass die Perspektive falsch ist?
- dass die Abmessungen der Schülerhand so anders sind, sodass das richtig ist?
Frage an den Leser, stimmt überhaupt die Perspektive des Bildes? Vielleicht blamiere ich mich jetzt bis auf die Knochen, weil ich das erst nach einiger Zeit gesehen habe. Nein, die Perspektive stimmt nicht, denn die Saiten verlaufen in Wirklichkeit deutlich anders durch das eigene Gesichtsfeld als in diesem Bild.
Eigentlich würde ich gerne schreiben, wem ist sofort aufgefallen, dass der Daumen in Wirklichkeit die Fingerspitzen verdeckt und an meinem Bild etwas nicht stimmt? Aber ist das wirklich bei jeder Hand so oder nur bei meiner, bei einigen, bei vielen, dass der Daumen die Fingerkuppen verdeckt?
Ich habe jetzt die Googlebildersuche befragt. Ich habe nur ein Bild gefunden, welches die Perspektive des Spielers darstellen sollte. Aber die Kamera war so ausgerichtet, sodass die Saiten auch falsch durch das Bild liefen.
Aber auch faszinierend, aus wie vielen Blinkwinkeln die rechte Hand photographiert wird. Dabei sind auch Perspektiven, aus der normalerweise ein Schüler oder Lehrer die Hand vermutlich im Unterricht nicht sehen wird.
Das Problem mit den Perspektiven zieht sich sogar durch die Zeichnungen. Auch die von mir gefundenen Zeichnungen nehmen nicht die Sichtweise des Schülers ein.
Also die rechte Handvermittlung basiert auf der Hoffnung, dass der Schüler aus den dargebotenen Perspektiven seine Perspektive richtig konstruiert. Ich halte das für eine ziemlich herausfordernde Imaginationsleistung, die umso herausfordernder ist, je jünger der Schüler ist.
Weitere Irritationen bei Bildern
Kameras bilden Dinge anders ab, als sie das Auge sieht. Das bekannte Phänomen dürften die stürzenden Linien sein. Hier geht es zum entsprechenden Wikipediaartikel.
Das bedeutet, die Linien auf einem Photo verlaufen anders, als man sie im Unterricht bzw. Realität sieht. Bloß wem ist das klar, wenn er sich solch ein Bild ansieht? Weiter führt diese Verzerrung zu einem falschen Bild oder ist unser Hirn fehlertolerant? Also kann man sich diese Verzerrungen durch die Photographie wegrechnen.
Bei den Zeichnungen fand ich, dass sie teilweise missverständlich sind, weil ungewollt optische Täuschungen bzw. Irritationen eingebaut waren.
Ich habe das zweite Bild dieses Artikels anfänglich anders freigestellt. Es sah so aus:
Durch den Saitenanschnitt rechts oben im Bild meint mein Kopf, dass die Saiten anders im Raum zu den Fingern verlaufen könnten.
Das Bemerkenswerte ist, mir sind diese Fragen erst in den Sinn gekommen, weil ich mit Blender die Wirklichkeit nachbilden wollte. Und wenn ich mich an die Checklisten zu Handhaltungen in meinem Studium erinnere, dann befürchte ich, dass da noch viel mehr Leuten unklar ist, worauf sie bei der visuellen Vermittlung der rechten Hand achten müssen oder könnten.
Kleiner Nachtrag
Nur durch Änderung der Brennweite und Kamerastandpunkt in Blender habe ich etwas hinbekommen, was so aussieht wie bei mir.
Aber auch hier etwas das Unbehagen laufen die Saiten wirklich richtig durch das Bild. Neugierde halber habe ich das Bild zugeschnitten.
Das Bild ist weniger irritierend, aber richtig sicher bin ich mir nicht.
Der Beitrag wurde am Freitag, den 8. Dezember 2023 um 08:58 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Gitarre lernen, Gitarrentechnik, Gitarrenunterricht, Lernen abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .