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Gitarrenunterricht in Frankfurt

Dipl.-Gitarrenlehrer Stephan Zitzmann

Elaine Gould – Hals über Kopf (Buchbesprechung)

Das Buch von  Elaine Gould „Hals über Kopf“ ist ja gerade nicht billig. Also wird sich so mancher fragen, lohnt es sich das Buch zu kaufen. Dankenswerter Weise konnte ich mir das Buch in der Frankfurter Stadtbücherei ausleihen.

Ob das Buch wirklich ein allgemeingültiges Regelwerk ist, oder die Sicht einer wichtigen Notensetzerin auf die Dinge, kann ich nicht beurteilen. Das ist vielleicht aber nicht die entscheidende Frage, sondern ob man einen Leitfaden hat.

Denn mir geht es so, wenn ich Noten selbst mit den Computer herstelle, dass mir klar ist, dass das komisch aussieht, aber ich nicht weiß, woran es liegt. Falls ich es doch weiß, was muss ich da zurecht rücken, damit es stimmt, ist mir das im Groben schon klar. Aber mein mangelnde Wissen über das Finetuning sieht man.

Hilft, das Buch von Elain Gould weiter. Wie sieht es praktisch aus?

Ich persönlich mache Noten für meine Schüler und weiß schon lange, dass capella da so manch sonderbares Ding produziert.

Eine anfängliche Antwort auf Fragen kann das Buch ziemlich schnell beantworten. Aber bei der Antwort stehen dann noch Querverweise an andere Stellen im Buch. Also bis man alle Informationen zusammen hat, kann  man auch zu dem Ergebnis kommen: „Meine Schüler verstehen es auch so. Ich spare mir das jetzt. Ich habe auch noch etwas anderes zu tun.“

Ich weiß nicht, ob es wirklich stimmt, dass viele Verlage nur noch Manuskripte publizieren, die in elektronischer Form vorliegen. Aber wenn jemand publizieren will, dann kann er nicht  meine lässige Haltung einnehmen.

Aus purer Lust und Tollerei habe ich verschiedene Beispiele aus dem Buch in Sibelius, MuseScore, Capella und Finale eingegeben. Mit unterschiedlichen Ergebnissen. Aber die Konsequenz aus den Ergebnissen ist, ich muss die Ergebnisse eines Notensatzprogramms grundsätzlich überprüfen, wenn ich mich mit meiner Publikation nicht blamieren will. Insbesondere mir sind Aspekte aufgefallen, da habe ich noch nie darüber nachgedacht, dass man etwas falsch machen könnte.

Aber all diese Wenn und Abers dann wirklich zu überprüfen, dürfte eine Herkulesaufgabe sein, an der man höchstwahrscheinlich scheitert. Letztendlich wird man das Buch überfordert zur Seite legen. Also, wenn man jemanden kennt, der diese Regeln im Kopf hat, dürfte das vielleicht sogar der wirtschaftlichere Weg sein.

Ich habe aber in diesem Buch aber auch unter einem anderem Gesichtspunkt gestöbert. Kann man all diese Regeln programmieren? Dabei fiel mir auf, das es mehrere Stellen gab, deren Erklärung und Definition ich als mehrdeutig sehe und nicht als ausreichend.

Z.B. es fiel mir bei Gitarrenfingersätzen auf. Wenn man vor die erste Note eines Stückes eine Fingersatzziffer setzt, setzt Lilypond die erste Note automatisch ein Stück nach hinten. Capella und Musescore nicht.

Deswegen stellt sich die Frage, was ist die übliche oder richtige Vorgehensweise? Wenn man verschieben sollte, welche Abstandsregeln oder Proportionen sollte man beachten, wenn das Notensatzprogramm es für einen nicht erledigt?

Diese Fragen konnte ich nicht mit dem Buch beantworten. Aber das sind dann genau die Punkte, wo ich dann zwar sehe, meine Lösung ist komisch, aber keine Hilfe bekomme, wie ich es besser mache.

Da auch an anderen Stellen die Automatismen der Notensatzprogramme bei der Fingersatzeingabe unterschiedliche Lösungen liefern, hat mich interessiert, wie macht man das denn jetzt.

Also ich habe ziemlich schnell Fragen gehabt, mit deren Antworten das Buch überfordert war. Aber wenn das Buch schon mit meinen simplen Fragen zu Schülernoten überfordert ist, wie sieht es aus, wenn jemand ein großes komplexes Werk für eine Veröffentlichung setzen will.

Einen gewaltigen Kritikpunkt habe ich an dem Buch. Es wird nicht kenntlich gemacht, ob es zu den genannten Regeln auch andere Standards gibt. Als Gitarrist habe ich natürlich unter anderem im Kapitel Gitarre nachgesehen.

Über die Bögen für Abzieh- und Aufschlagbindungen schreibt Elaine Gould, dass diese gestrichelt ausgeführt werden. Als Beispiel führt sie eine Bachausgabe von Julian Bream an. Ich finde die Idee mit den gestrichelten Bögen sogar sinnvoll. Aber mir fällt jetzt kein Beispiel ein, dass ich gestrichelte Bögen bei Bindungen gesehen hätte. Außer bei Tönen über zwei Saiten, um zu sagen, dass man versuchen soll, dass es klingt wie eine Bindung.

Ebenso das Thema Barré. Da beschreibt Elaine Gould zwar einen gängigen Sachverhalt. Die anderen mir geläufigen Arten Barré zu notieren, werden nicht beschrieben. Zu dem Thema, dass die Barréschreibweise sich bisher nicht richtig standardisiert hat, habe ich immer wieder in einigen Gitarrenzeitschriften Artikel gelesen.

Was für ein Problem entsteht meiner Meinung nach daraus? Z.B. ich überlege mir mein Notensatzprogramm zu wechseln. Also habe ich Beispiele aus dem Buch in verschiedene Notensatzprogramme eingegeben. Capella schneidet da am schlechtesten ab. Im Endergebnis würde das bedeuten, Finale zum knapp dreifachen Preis kaufen.

Oder ich korrigiere die Capelladateien händisch nach. Eine Mordsarbeit. Aber vielleicht ändere ich nur eine Notensatzkonvention, die Elaine Gould nicht erwähnt hat, weil sie in ihrem Verlagsverbund nicht so betrieben wird, in eine andere Notensatzkonvention um.

Also ich sehe die Gefahr, dass ich Anstrengungen mache, die ich mir nicht machen müsste, weil Elaine Gould nicht klar kenntlich macht Verlagskonvention oder einzig möglicher Standard.

Mein Resümee lautet, mir ist nicht klar, ob es an der Komplexität des Themas oder der Struktur  des Buches liegt, aber so mal im Nebenbei einen anständigen Notensatz auf die Beine zu stellen, geht mit dem Buch nicht. Den Aufwand, den man auch mit Buch betreiben muss, könnte für viele sich als so groß herausstellen, sodass man sagt, dann löse ich das Problem halt doch nicht.

Bzw. das Buch hat mich puncto Notensatz eher verunsichert als sicherer gemacht.

Um mit dem besser Buch arbeiten zu können, wäre das Buch in einer elektronischen Form sehr gut, in dem die relevanten Inhalte zueinander verlinkt sind.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 6. Mai 2016 um 08:45 Uhr veröffentlicht von Stephan Zitzmann und wurde unter den Kategorien: Buchbesprechung, Notensatz abgelegt. | Es gibt keinen Kommentar .